Biografien

Dr. Adolf ALTMANN (1879-1944)

Adolf AltmannAm 1. August 1920 wird Altmann zum Oberrabbiner in Trier gewählt. Zeitgenossen schildern ihn als glänzenden Redner, als Vorbild für Charakterstärke und Pflichterfüllung, sowie als geistigen Orientierungspunkt seiner Gemeinde. Er ist gerngesehener Gast bei festlichen Veranstaltungen der Stadt, aber auch von kulturellen und patriotischen Organisationen. Im März 1938, als die Verhältnisse in Trier immer unerträglicher werden, entschließt er sich mit seiner Familie zur Flucht nach Holland. Doch auch dort holen ihn die Nationalsozialisten ein. Im September 1943, kurz nach Vollendung seines 64. Geburtstages, wird er mit seiner Familie gefangengenommen und in die KZs Westerbork, Theresienstadt und Auschwitz verschleppt. Dort stirbt er nach wenigen Wochen an Hunger und Entkräftung.

Klaus BARBIE (1913-1991)

Klaus BarbieAls "externer" Schüler des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums lebt Barbie im Bischöflichen Konvikt in der Windstraße. Er engagiert sich im katholischen Männerfürsorgeverein, für den er auch im Gefängnis Dienst tut. Anfang der 30er Jahre wandelt er sich vom eifrigen Jungkatholiken zum überzeugten Nazi und besucht in Berlin die "Führerschule" der SS. Nach einer Zwischenstation in Amsterdam, wird er 1942 Gestapo-Chef in Lyon und zu einem der meistgehassten Männer im besetzten Frankreich. Sein Dienstsitz im "Hotel Terminus" wird schnell zum Inbegriff von Folter und Terror.
Obwohl Barbie nach 1945 auf der Liste der gesuchten Kriegsverbrecher steht, wird er vom US-Geheimdienst angeworben und mit Hilfe vatikanischer Diplomaten nach Bolivien geschleust. Dort nennt er sich "Altmann" – möglicherweise nach dem Oberrabbiner von Trier, der durch die Gestapo in Holland verhaftet und in Auschwitz ermordet worden war. Barbie wird Berater der bolivianischen Militärdiktatoren und hilft beim Aufbau des Geheimdienstes und der Armee. In einem Interview äußert er sich zu seiner SS-Vergangenheit: "Ich bin bereit das wieder zu tun, tausendfach wieder zu tun, was ich gemacht habe".
Erst 1983 – als die Diktatur in Bolivien abdankt – wird Barbie nach Frankreich ausgeliefert und in Lyon wegen "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" zu lebenslanger Haft verurteilt. Er stirbt 1991 in der Haft.

Dr. Franz Rudolf BORNEWASSER (1866-1951)

Franz Rudolf BornewasserFast dreißig Jahre – von 1922 bis 1951 – ist Bornewasser Bischof von Trier. Zum Konflikt mit den Nazis kommt es, als diese die katholische Kirche angreifen und Geisteskranke ermorden. Im Dom predigt er am 14. September 1941 mutig: "Du sollst nicht töten! (...) Gilt es für deutsche, unschuldige Menschen, auch wenn sie 'unproduktiv' und nach der Auffassung gewisser Volksgenossen 'lebensunwert' sind, (...) nicht mehr? Dann wehe dir, armes Deutschland!"
Zum Antisemitismus und der Judenverfolgung der Nazis schweigt er – trotz seiner Freundschaft mit Oberrabbiner Dr. Altmann. Ebenso zur Verfolgung politisch Andersdenkender, zu KZs wie Hinzert. Als die Wehrmacht in die Sowjetunion einfällt, sieht Bornewasser darin den gerechten Kampf gegen "ein auf den Grundlehren des deutschen Juden Karl Marx fußendes Lehrsystem" und die Herrschaft des Bolschewismus.

Hans EIDEN (1901-1950)

Hans EidenMitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), ist seit 1932 politischer Stützpunktleiter des "Kampfbundes gegen den Faschismus" in Trier-Nord. 1936 wird er ins KZ Buchenwald eingeliefert. Ende 1944 wird er dort "Lagerältester". Er sieht seine Hauptaufgabe in der Verbesserung der Lebensumstände der Häftlinge, insbesondere der Unterbringung. In den letzten Wochen vor der Befreiung verdanken viele Häftlinge, darunter auch tausende Juden, seinem selbstlosen und mutigen Einsatz ihr Leben. Unter Einsatz seines Lebens verhindert er mehrfach todbringende Evakuierungen des Lagers und spielt eine wichtige Rolle bei der Befreiung des KZs.
Eiden kehrt nach Trier zurück und wird Abgeordneter des rheinland-pfälzischen Landtags. Als er - noch nicht fünfzig Jahre alt - an den Spätfolgen der KZ-Haft stirbt, schreibt der "Trierische Volksfreund": "Er war es, dessen besonnener Mut, dessen unbeugsame Entschlossenheit viele Zehntausende von Buchenwald-Häftlingen ihr Leben verdanken.

Hans GLOBKE (1898-1973)

Hans GlobkeGlobke gehört zu den umstrittensten Figuren der Nachkriegszeit in Deutschland. Bei den Nazis hatte der Verwaltungsjurist im Reichsinnenministerium gearbeitet und war Mitverfasser eines offiziellen Kommentars zu den Nürnberger Rassegesetzen. Darin wurde die Vorstellung von der Verschiedenheit und Ungleichwertigkeit der Rassen begründet und alle Personen "fremden Blutes" diskriminiert. Im Laufe des Krieges arbeitete er an Bestimmungen mit, die die juristische Grundlage der Judenverfolgung und "Germanisierung" unterworfener Völker in den Ostgebieten bildeten. Gleichzeitig unterhielt der praktizierende Katholik Kontakt zu militärischen und zivilen Kreisen des Widerstandes.
Nach dem Krieg bewirbt er sich für den Posten des Trierer Oberbürgermeisters und kommt dank der regierenden CDU in die engste Wahl. Die SPD lehnt ihn jedoch wegen seiner Mitarbeit an den Rassegesetzen ab (Emil Zenz, Die Stadt Trier im 20. Jahrhundert, 1. Hälfte: 1900-1950, Trier 1981, S.467). Globke macht in Bonn Karriere. Kanzler Adenauer beruft ihn 1953 sogar zum Staatssekretär und einem seiner wichtigsten Mitarbeiter. Trotz heftiger Angriffe, vor allem aus der DDR, und mehrmaligen Rücktrittsangeboten bleibt Globke zehn Jahre lang einer der wichtigsten Regierungsbeamten in der jungen Bundesrepublik.

Klaus LOHMANN (1910-2002)

Klaus LohmannLohmann wird im April 1938 Pfarrer der kleinen, evangelischen "Bekennenden Gemeinde" in Trier und bleibt es für 17 Monate. In dieser Zeit wird er ständig von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) überwacht und häufig zum Verhör zitiert. Er gehört zu den wenigen Pfarrer im ganzen Reich, die nach dem Novemberpogrom 1938 für die verfolgten Juden eintreten. Später schrieb er: "Für mich waren die kurzen-langen Trierer Monate keine Sache meines Mutes, sondern meiner Überzeugung. Aber, bitte keine Heldenstory – ich hatte oft Angst (...) Ach, rückblickend muss ich sagen: hätte ich doch mehr Zivilcourage gehabt! Man hätte ja in Wirklichkeit ganz anders, viel deutlicher reden müssen! Aber dann, das ist nicht zu hoch gegriffen, wäre ich wohl nicht mehr unter den Lebenden. Und zum Märtyrer hatte ich wohl nicht das Zeug." Hätten nur mehr Menschen so viel Mut aufgebracht wie er. Er starb im Februar 2002.

Jakob ("Hermann") MÖSCHEL (1901-1932)

Jakob Hermann MöschelAm Sonntag, dem 10. Juli 1932 feiern Sozialdemokraten mit ihren Familienangehörigen ein Sommerfest auf dem Pfalzeler Sportplatz. Unter den Feiernden ist auch Möschel, Buchdrucker bei der Zeitung "Volkswacht" und SPD-Gemeinderatsmitglied in Konz. Beim anschließenden Umzug wird die Festgesellschaft von Nazis angegriffen. Auf Kommando eines SA-Führers fallen kurz hintereinander Schüsse. Möschel bricht von fünf Geschossen in Bauch, Hals und Schulter getroffen zusammen. Ein SA-Mann schlägt mit einem Zaunpfahl auf den wie leblos liegenden Möschel ein.
Dieser stirbt am nächsten Tag im Brüderkrankenhaus im Alter von 31 Jahren. Der Sarg Möschel wird im Karl-Marx-Haus feierlich aufgebahrt. Die Beerdigung findet unter großer Anteilnahme der Trierer Bevölkerung statt. Am Trauerzug nehmen 5000 Menschen teil, die demonstrieren wollen, dass sie die Gewalttaten der Nazis verabscheuen. Nach der Machtübernahme der Nazis wird das Verfahren gegen die Mörder eingestellt. (nach: Christoffel, Der Weg durch die Nacht, S.21-26).

Albert MÜLLER (1896-1945)

Albert MüllerEr ist der vielleicht mächtigste Mann in Trier während der Nazi-Zeit. Seit dem 1. Mai 1933 ist Müller Kreisleiter der NSDAP der Stadt Trier und bekleidet damit "einen der entscheidenden Machtpositionen der Diktatur" auf lokaler Ebene. Er bleibt in dieser Position bis kurz vor Kriegsende. Müller wird 1896 in Arzheim bei Koblenz geboren und arbeitet zunächst als Kaufmann. 1925 tritt er in die Nazi-Partei ein und macht dort Karriere. Zeitgenossen schildern ihn als "sturen Feldwebeltyp" und als "regelrecht verrufen". Bereits für die Jahreswende 1933/34 ist überliefert, dass er Trierer Bürgern mit dem KZ droht. Im Herbst 1934 versucht Müller, einen Betrugsfall der Trierer NSDAP zu vertuschen, den sein Parteigenosse Paul Wipper aufgedeckt hatte. Gegenüber jüdischen Bürgern bemüht sich Müller noch 1942, diesen ihr Leben in der Phase bevorstehender Deportationen zu erschweren: sie dürfen u.a. die Straßenbahn nicht mehr benutzen und nur noch zu ungünstigen Zeiten einkaufen. Am 1. März 1945 – unmittelbar bevor Trier durch die US-Truppen eingenommen wird – setzt sich Müller ab. Er soll in sowjetische Gefangenschaft geraten und dort gestorben sein. (nach: Bollmus, Albert Müller, in: Heinz Monz (Hrsg.), Trierer Biographisches Lexikon, Trier, 2000, S. 309f.)

Willi TORGAU (1911-1999)

Willi TorgauSein Einsatz für Arbeiterinteressen und politische Verfolgung ziehen sich wie ein roter Faden durch das Leben des überzeugten Kommunisten. Verhaftung (und Verhöre in der Trierer Gestapo-Zentrale), KZ-Haft in Esterwegen, Entlassung, Widerstand, Einzelhaft im Zuchthaus, Zwangsarbeit. Nach dem Krieg wird er öffentlicher Ankläger der Entnazifizierungskammer in Trier, bis er das Amt niederlegt, weil "nur gegen die kleinen Nazis verhandelt wurde".
Er wird Vorsitzender der Trierer Ortsgruppe der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und Mitglied im Stadtrat von 1948 bis zum Verbot der Partei 1956. Seine Haftentschädigung wird ihm als praktizierenden Kommunisten gestrichen. 1968 gehört Torgau zu den Gründern der Trierer Ortsgruppe der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Ihr bleibt er auch nach dem Zusammenbruch des "real existierenden Sozialismus" treu. Er widmet sich dem Kampf gegen alten und neuen Faschismus, lädt ein zu alternativen Stadtführungen und wird Mitbegründer des Fördervereins für eine Dokumentationsstätte im ehemaligen KZ Hinzert.
Torgau – so schreibt der "Trierische Volksfreund" bei seinem Tod –"war für die antifaschistische Szene in Trier ein Kristallisationspunkt jenseits weltanschaulicher Einstellungen." (TV vom 19.04.1999). Über die Umtriebe von Neonazis befragt, zeigte er sich optimistisch: "Ich glaube daran, dass sich die menschliche Gesellschaft zum Guten entwickelt – allerdings nicht von selbst."

Paul WIPPER (1906-1992)

Paul WipperWipper tritt 1928 in die NSDAP ein. 1933 wird er Kreisleiter für den Bereich Trier-Land mit Sitz im "Braunen Haus". 1934 deckt er einen Betrug in der Trierer NSDAP auf und wird nach Cochem versetzt. 1940 meldet er sich freiwillig zur Front, wird gefangen und nutzt seine Haftzeit zum intensiven Nachdenken. 1948 schreibt er: "Wir haben nicht nur Hitler auszuschwitzen, sondern den Geist der dem militärischen Wahn hörig ist (...) Ich schäme mich der Verbrechen, die im Namen des deutschen Volkes begangen wurden."
Als einziger der früheren Parteigrößen kehrt er nach Trier zurück. Seinen Schwur, nie wieder politisch aktiv zu werden, bricht er, als die Bundesrepublik wiederbewaffnet wird. Er wird Mitglied der "Internationale der Kriegsgegner". 1979 wird er Mitglied der neu gegründeten Arbeitsgemeinschaft Frieden e.V. und engagiert sich für Friedenserziehung und gegen die atomare Rüstung.